Tuesday Night Music Pub - Erwischt!

Einige Jahre lang war der Dienstagabend das Highlight der Woche. Nicht das Wochenende, nein, der Dienstag. Dienstags besuchte ich eine berufliche Weiterbildung, anschließend ging es oft mit einer Klassenkameradin in den Pub. Immer wieder Dienstags gab es dort Livemusik. Es war ein kleiner, gemütlicher Pub: Dunkel, ein bisschen schmuddelig, mit wackeligem Mobiliar, wenig frischer Luft, und dienstags wurden die Tische zur Seite geräumt um Platz für den musikalischen Gast der Woche zu schaffen. Unser üblicher Platz war, wie kann es anders sein, hinten in der dunkelsten Ecke. Dort konnte man ungestört und vor allem unbeobachtet sein pint Cider trinken und die besten Songs mitsingen, ohne allzusehr aufzufallen. Das mit dem Unbeobachtet-Bleiben klappte nicht immer, aber das ist eine andere Geschichte. An diesem einen, unvergessenen Abend jedoch klappte es auch nicht mit dem Nicht-Auffallen. Eh wir uns versahen, saß dieser Mann an unserem Tisch und benahm sich, als ob er auch genau dort hingehören würde. Noch leicht amüsiert harrten wir der Dinge die da kommen sollten. "Hallo, ihr zwei Hübschen!" sagte der unbekannte Mann. "Tach." sagten wir. Und das war schon der größte Fehler, denn nun, da wir offensichtlich einem Gespräch nicht abgeneigt waren, den Musiker persönlich kannten, denn der war keine 5 Minuten vorher von unserem Tisch aufgestanden und zurück auf die Bühne gegangen, um sein nächstes Set zu spielen, waren wir auf der Eroberungswunschliste ein Stück nach oben gerückt. Dieser Mann hatte also beschlossen, ein Gespräch mit uns zu beginnen und ihm Laufe der nächsten Zeit sollten wir feststellen, dass seine Vorstellung von einem Gespräch sehr einseitig war. Er erzählte von seinem Beruf (Dachdeckermeister), von seinem Hobby (Reiten), seiner Ex (Schlampe), seiner finanziellen Situation ("Ich komm immer klar, mit viel und mit wenig Geld. Jetzt grade ist es wieder mehr..."), saß breitbeinig machohaft auf dem Stuhl und blies uns, einen Ellbogen auf den Tisch und mit dem Handgelenk der anderen Seite auf das Knie gestützt (kennt ihr diese Pose? unglaublich, oder?), Zigarettenrauch ins Gesicht. Unser Amusement schlug in leichten Ärger um. ("Ich bin BEREITER, hab grade 4 STUTEN im Beritt, wennDe verstehst, ne." "Ich versteh schon, aber zwei mehr werden's in nächster Zeit trotzdem nicht.") So wollte ich meinen Dienstagabend nicht verbringen. Wer will das schon, von so einer notgeilen Testosteronschleuder vollgequatscht werden, wenn man eigentlich nur sein wohlverdientes Feierabend-Pint trinken und ein bisschen Unterhaltung bei guter Musik möchte? Nun denn, nach einer sehr qualvollen Stunde nickten Freundin T. und ich uns in stillem Einverständnis zu, nahmen unsere Jacken und sagten das, was alle Frauen in so einer Situation schon mal gesagt haben: "Wir müssen mal." Natürlich hatten wir vor, uns nach draußen zu verdrücken, statt zur Toilette zu gehen. Wir hätten auch einfach sagen können: "Geh weg, wir wollen unsere Ruhe haben!" Aber dieser Typ war eindeutig schwer von Begriff, denn jeder dezente Versuch, den Tisch wieder zurückzuerobern wurde ignoriert und mit einer Salve erneuter Prahlereien (Auto neu, teuer und ganz uneingeweiht, wennDe verstehst, ne) vergolten. Strunzus saß also da und war dabei, uns den Abend gründlich zu verderben, und da wollten wir uns lieber vorher aus dem Staub machen. Als wir gerade auf dem Weg zur Türe waren, uns schon selber zu unserem unspektakulären Abgang gratulierten und die erste Wette abschlossen, wie lange es dauern könnte, bis unser Sprachakrobat bemerken würde, dass wir von der Toilette nicht zurück an den Tisch kommen würden, als es aus der Bühnenecke, begleitet von einem kräftig angeschlagenen Akkord, erklang: "Ladies, good night!" Sämtliche Köpfe im Pub drehten sich in unsere Richtung, denn offensichtlich waren wir der Grund dafür, dass plötzlich die Musik aussetzte. Wir wurden mit Handschlag, herzlichen Küssen auf die schlagartig puterroten Wangen und den allerliebsten Wünschen für Weihnachten und das herannahende neue Jahr verabschiedet, während es aus der hinteren Ecke tönte: „Wusstich et doch, dat die keine Jacke brauchen, um auf Klo zu gehen, ne!“
Erwischt, aber eiskalt, würde ich sagen.
toktoktok - 7. Okt, 14:21

Hehe!

Oder anders gesagt: Männer können halt nicht verlieren - wennde verstehst, ne?! ;-) Die oben beschriebene Sitzposition hab ich noch nie verstanden...wer, bitteschön, soll denn damit beeindruckt werden? Alle weiteren anwesenden Damen, die wahrscheinlich mit angewidertem Blick schnellstens vorbeirauschen - oder gar die Geschlechtsgenossen?
Und die Sache mit dem "Bereiter"...argh, das ist soooo ekelig, dafür hab ich einen gut bei Dir - aber echt!

Scholli - 8. Okt, 11:31

Jepp. Hast einen gut bei mir.

Also manchmal,
ARGH! stuff
ARGH!ARGH!!
dorm stuff
everyday stuff
heartstrings
interpersonal stuff
london stuff
menfolk-stricken stuff
Musik: An!
musing stuff
poppycock stuff
pub stuff
stöckchen stuff
yeahbaby!yeah!
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