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Ab und zu schau ich ja, wenn ich an der Uni bin, auf die Aushänge an den Pinnwänden. Reiner Zeitvertreib, wenn ich auf eine Sprechstunde warte, in der Seminarpause, beim Warten auf Kommilitonen, bei solchen Gelegenheiten eben guck ich da mal drauf. Heute habe ich einen Aushang gefunden, den musste ich einfach mitnehmen, auch wenn ich nicht vorhabe, darauf zu antworten. Es erinnerte mich nämlich an ein Erlebnis aus dem letzten Job vor dem Studium.
Ich war Mitte Zwanzig und sollte zum ersten Mal eine Abteilungsleitung übernehmen. Stolz wie Oskar, dass mein zukünftiger Arbeitgeber ausgerechnet mir diese Aufgabe zutraute, bezog ich mein erstes eigenes Büro. Ich war ordentlich nervös, denn neben der Führung von etwa 20 Mitarbeitern übernahm ich eine beinahe 15 Jahre unstrukturiert und unprofessionell geführte Abteilung. Das roch schon von Weitem nach viel Arbeit (nicht schlimm) und einer Menge Ärger, denn wie wir alle wissen, hängen in behördlichen Strukturen Kompetenz und Alter unmittelbar zusammen und in der Abteilung war einzig die Auszubildende jünger als ich.
Ich kam also an meinem ersten Tag im Betrieb an und wollte in die mir beim Vorstellungsgespräch mit den Worten „Das ist Ihr Büro.“ gezeigte Räumlichkeit, als mir ein Zettel an der Türe auffiel. Frau Scholli sollte sich zuerst beim Boss melden, klar. Da ging ich auch hin, und als ich das Büro des Chefs wieder verließ, war mein Büro in einen Art Lagerraum mit Schreibtisch in den Keller verlegt, und das Büro im Verwaltungstrakt der Einrichtung wurde als Archiv genutzt. Na toll, das fing ja gut an!
Aber vielleicht war der Raum ja nicht so schlimm, und ich hatte es ja ohnehin nicht so gerne, wenn der Chef so nah bei war. Ich ging also in den Keller, ließ mir vom Hausmeister den Raum zeigen und sehe als erstes, in einer Ecke stehend, so was wie das auf dem Aushang hier:

Skelett

Was soll ich sagen?
Ich hatte soviel zu tun, dass ich es nicht geschafft habe, dem Skelett einen neuen Platz zu verschaffen. Drei Jahre hat es in der Ecke gestanden, irgendwann hatte es einen Namen, und ich fing an, es als Garderobenständer zu benutzen. Morgens kam ich in mein Büro, sagte: "Morgen, Pete!" und hängte meine Tasche über die Schulter und die Jacke darüber. Eines Tages allerdings bemerkte ich den Blick eines Vertreters, der bei Verhandlungen um Produktpreise und Einkaufsmengen immer wieder pikiert in die Ecke schielte, in der Peter mit meiner Tasche und meinem Mantel angetan und mit Bommelmütze auf dem Schädel herumstand. Also ging ich dazu über, Peter mit einem Laken zu bedecken, wenn ich Besuch von ‚außer Haus’ bekam. An so einem Peter-Verhüllungstag kam ich aus der Eingangshalle zurück, wohin ich meinen Besuch noch begleitet hatte, und Peter war weg. Mit Tasche, Jacke und Laken ‚bekleidet’. Dass Peter zu Vorführungszwecken ausgeliehen wurde, war aber nicht so ungewöhnlich, denn im Betrieb wurden von Zeit zu Zeit medizinische Schulungen durchgeführt, und derjenige, der Peter ausgeliehen hatte, würde ihn in ein bis zwei Stunden zurückstellen.
Womit niemand gerechnet hat, war die Tatsache, dass angehende Pflegehelfer im ersten Ausbildungsblock noch recht schreckhaft sein können, vor allem wenn in der Ecke des Unterrichtsraumes ein mit einem Laken bedecktes Skelett steht, dessen Handy anfängt zu klingeln.
Manchmal vermisse ich Peter ein bisschen. Vielleicht sollte ich doch noch auf den Aushang antworten…

Also manchmal,
ARGH! stuff
ARGH!ARGH!!
dorm stuff
everyday stuff
heartstrings
interpersonal stuff
london stuff
menfolk-stricken stuff
Musik: An!
musing stuff
poppycock stuff
pub stuff
stöckchen stuff
yeahbaby!yeah!
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