Donnerstag, 22. November 2007

Ein Beitrag

zu Herrn Bangers Reihe Mitmenschen im Visier.

Letztens in der Bahn…

Durch Herrn Banger inspiriert, erinnerte ich mich folgender Begebenheit in der U-Bahn:
Ich war gemeinsam mit einer Freundin auf dem Weg in ein etwas weiter entferntes Einkaufszentrum, welches einen türkischen Supermarkt beherbergt, den wir des Öfteren aufsuchen. Das dort zu findende Angebot an Gewürzen und Produkten ließ uns die Fahrt ins ferne Chorweiler gerne antreten, auch wenn Chorweiler nun, wie sicher vielen bekannt sein dürfte, nicht der attraktivste Stadtteil Kölns ist. Aber echte Imis lassen sich von so was ja nicht beeindrucken. Der Kölner selber dagegen pflegt mit Begeisterung, wie ich hier schon öfter feststellen durfte, ja nicht nur Vorurteile gegen Düsseldorf, sondern auch gegen außerhalb oder gar auf der anderen Rheinseite gelegene Stadtteile der eigenen Stadt. Das aber nur am Rande. Wohlgemut stiegen wir also in die Bahn der Linie 15 und suchten uns einen Platz. Keine 10 Sekunden später ließ sich auch noch jemand anders in unserem Vierer nieder. Nicht weiter schlimm, dafür sind die Plätze ja da, nicht wahr? Wir unterhielten uns, achteten nicht weiter auf die Frau, bis mir ein herzhafter Sesamgeruch in die Nase stieg. Ich liebe es, mit Sesam zu kochen, liebe den Geruch von frischen Sesambrötchen und Sesamöl. Ich hob den Blick – und wünschte mir augenblicklich, ich hätte es nicht getan. Mir gegenüber saß eine asiatisch aussehende Frau, deren Gesichtsausdruck entfernt an einen Bullterrier erinnerte. Den Sohn einer Freundin haben wir Schüppe gerufen, als er, sich in der Trotzphase befindend, die Unterlippe derart waghalsig nach vorne schob, um seinen Unmut über verweigerte Süßigkeiten deutlich zu machen. Ich hoffe, alle wissen, was eine Schüppe ist; vielleicht ist es aber auch wieder so ein speziell westfälisches Wort, das in anderen Landesteilen Verwirrung hervorruft. So wie Schaloah, Bömsken oder domm Gössel (Gössel gesprochen wie Chössl, also ein stimmloser, palataler Frikativ im Anlaut, IPA Notation [x], das nur als Zusatz von der Linguistin in mir.)
Daher nur zur Sicherheit: Schüppe = Schaufel, Schaloah = Jalousie, Bömsken = Bonbon und
domm gössel = Dumme Gans.
Zurück zu der Frau: Sie kaute. Mit offenem Mund. Lieber Gott, wie ich so was hasse! Aber zu spät, ich konnte den Blick kaum abwenden. Mit Mühe konzentrierte ich mich auf das Gespräch mit der Allerbesten, aber auch sie geriet immer wieder in den Bann der mahlenden Kiefer, des Einblicks in die Mundhöhle der Gegenübersitzenden (Zahn-, und Hals-Nasen-Ohrenärzte hätten ihre helle Freude gehabt, obwohl der Blick auf Mandeln und Weisheitszähne durch das Brötchen etwas getrübt war) und der dazugehörigen Geräuschkulisse. Meinen 4jährigen Neffen hätte ich spätestens jetzt auf seinen Verstoß gegen die guten Sitten aufmerksam gemacht, aber eine erwachsene Frau in der Bahn zu maßregeln, so bescheuert kühn bin selbst ich nicht. Da saß ich also, angewidert und fasziniert zugleich, denn die Dame hielt es für angebracht, das Brötchen in der Handtasche zu verstecken: War ein Bissen verzehrt, so griff sie, mit blutrot lackierten Nägeln, in ihre Handtasche, riss ein kleines Stück Brötchen ab, verfrachtete dies hinter vorgehaltener Hand in ihren Mund, um sofort darauf vollen Einblick in die Verwandlung eines Brötchens in Speisebrei zu gewähren. Wie wir wissen ist Speisebrei toll, notwendig und zudem die erste Stufe der Verdauung: ein Produkt aus Mechanik und kohlehydratspaltenden Enzymen, die sich im Speichel befinden. Super Sache also, dieser Speisebrei und höchstens von ästhetischer Seite aus gesehen bedenklich. Also von gegenüber. Dort saßen die Freundin und ich und versuchten verzweifelt, den aufkeimenden Drang zu lachen, zu unterdrücken. Das gelang uns, bis auf ein paar kleine Aussetzer und Schnaufer, auch recht gut, bis wir, endlich in Chorweiler angekommen, aussteigen durften. Selten war ich so erleichtert, aus einer Bahn aussteigen zu dürfen, dabei einem derart unappetitlichen Anblick zu entkommen und mich in einem befreienden Lachanfall hinzugeben. Ich vermute stark, dass die Menschen, die dabei zugegen waren, uns für der nächsten Landesklinik entsprungene Irre hielten, die sich einen Spaß daraus machen, laut lachend auf einem Bahnsteig herumzuhüpfen und dabei wirres Zeug über Brötchen und Bullterrier zu stammeln. Unvergessliches Erlebnis, das.

Also manchmal,
ARGH! stuff
ARGH!ARGH!!
dorm stuff
everyday stuff
heartstrings
interpersonal stuff
london stuff
menfolk-stricken stuff
Musik: An!
musing stuff
poppycock stuff
pub stuff
stöckchen stuff
yeahbaby!yeah!
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